«The real voyage of discovery consists not in seeking new landscapes, but in having new eyes.»
Marcel Proust
Wir fahren am Morgen früh los, die ewigen Huper geben uns auf den Geist (und weckten uns die halbe Nacht) und die Kälte ist zwar im Schlafsack aushaltbar, aber lässt uns auch nicht noch Stunden darin verweilen.
Da wir eh Propane brauchten, steuern wir diese Richtung an auch weiter in Richtung nächstem National Park.
Die Strecke geht ein Teil retour, wie wir diese zum Lassen NP gefahren sind. So sehen wir circa eine Stunde links und rechts von uns Pinienwald und Weite.
Wir halten aufs Zmittag an einer Flussstelle und verweilen noch einige Stunden dort.
Gut gelegen und die Angel zu schwingen, zu lesen und den Vibe zu geniessen.
Auch hier hat es wieder richtig viele Eichhörnchen und die Landschaft schaut trotz Fluss sehr trocken aus.
Die Sonne knallt richtig aufs WoMo und so wird es innert kurzer Zeit richtig warm drinnen. Irgendwie kennen wir das gar nicht mehr, so sind wir uns nun immer Temperaturen unter 20 Grad und in der Nacht knapp um den 0 Bereich gewohnt.
Irgendwann am späten Nachmittag fahren wir weiter und halten noch an einem Viewpoint an. Dort sieht man kleine Wasserfälle und eine alte historische Brücke, die früher als Autobahn galt um die beiden Seiten zu überqueren.
Wir halten an einem Pull-Off am Highway, welcher jedoch ein wenig bewaldet ist und so Schutz bietet, um sofort gesehen zu werden von der Strasse aus.
(Spoiler: kein einziger Huper in der Nacht und somit eine sehr ruhige Nacht, trotz des Verkehrs. Manchmal fragt man sich, was die ganzen LKW’s die ganze Nacht rumtransportieren…)
Auf dem gesamten Weg kamen wir leider nur an zwei Tankstellen vorbei, an welchen jeweils kein Propane verkauft wurde und so hiess es eine weitere Nacht hoffen, ob der Kühlschrank durchhält und die Nudeln gekocht werden können.
Am nächsten Tag ging es weiter. Durch kleine Dörfchen die nur aus wenigen Häusern links und rechts des Highways bestanden. Wir fuhren hoch und runter, mal waren wir knapp unter 2000 Höhenmeter, mal wieder drüber.
Kurz vor einem nächsten Dörfchen entdeckten wir dann eine amerikanische ‹LANDI›.
Wir liesen Propane auffüllen, genossen den Heuduft im Shop und fühlten uns ein bisschen wie in Winznau oder Däniken.
Die Kassiererin merkte dann noch freundlich an, dass wir nicht-Amis bestimmt keine Kundenkarte hätten und lächelte freundlich.
Weiter ging es nun wieder nördlicher. Wir flüchten aus der Kälte, so wird hier in der Region gegen Ende Woche Schneestürme und eiserne Kälte erwartet.
Uns persönlich ist es noch fast egal, wir haben uns an die Schlafsäcke sehr gewöhnt und möchten unsere zusätzliche Decke nicht missen. Aber da das Wohnmobil nicht einfrieren darf da wir sonst die ganzen Kosten dafür bezahlen müssen, sind wir vorsichtig.
So stellt Marco jeden Abend zuverlässig das Wasser aus und macht die Leitungen frei um mögliche Frostschäden zu vermeiden.
Wir stellen uns nach einiger Fahrtzeit an den Walmart um mit den Laptops ins Internet zu kommen. Unser HotSpot Datenvolumen von der Simkarte ist aufgebraucht und die Notlösung funktioniert zwar, gerade auch für das Handy von Marco, aber eine Seite laden auf dem Laptop überstrapaziert diese Notlösung und da wir eh noch frische Milch und ‹Züg und Sache› brauchen, kam dieser Stopp gerade gelegen.
Als wir als erstes nach Kleber fürs WoMo schauten, sprach uns eine Frau mittleren Alters an mit ‹oh today is a glue day› und lachte. Sie wollte anscheinend auch zum Leimregal und wir standen ihr im Weg.
Da wir dann unsere Auswahl getroffen hatten und auf Mundart dies gegenseitig absegneten, sprach sie uns wieder an und wollte wissen, was für eine Sprache wir denn sprechen.
So kamen wir ins Gespräch, bis sich heraus stellte, dass sie Verwandte in Frankfurt am Main hat und erzählte uns ewig lange eine Geschichte, wie sie vor Jahren Geld in einem Umschlag nach Deutschland sendete und dieser nur leer ankam.
Als nach über 40 Minuten ihr Handy klingelte, schickte sie uns ziemlich unfreundlich weg, aber wir waren mehr als froh, da das Gespräch eher holprig war.
Weiter ging die Einkaufstour, Schuhe standen auf der Liste.
Nach dessen ging es weiter zu den Lebensmittel, wo Nicole ein Herr auffiel, der immer wieder sehr penetrant zu uns rüber schaute.
Er sprach uns später im Laden an und es stellte sich raus, dass er von Spiez kam und in den 80ern in die USA auswanderte. Noch immer telefoniere er regelmässig mit seinem Vater in Bern und war das letzte mal 2019 zu Besuch in der Schweiz.
Unsere Gesprächsthemen waren vor allem die aktuelle Lage der USA. Und wie einmal mehr, stellte sich wieder raus, dass die Amis nicht von Trump negativ reden, sondern von der aktuellen Präsidentschaft. Er selber sagte mehrmals, dass die USA so den Bach ab gehe und die Inflation nur das Tüpfelchen auf dem I sei.
Er sei froh, lebe er 50 Meilen von dieser Stadt im Wald und habe seine Ruhe. Ein Leben, wie wir es uns irgendwie nicht vorstellen können in völliger Einsamkeit.
Nach weiteren 45 Minuten konnten wir uns endlich lösen und ganz typisch mit mindestens 3x ‹alles Gute›, ‹adiö› und ‹machets guet› verliessen wir dann schneller den Laden wie sonst.
Wir brauchten über drei Stunden für einen normalen Wocheneinkauf. Zeit, die wir eigentlich im Alltag nicht hätten, zumindest nicht in der Schweiz. Zeit, in der wir nicht an einen nächsten Termin, an die nie endende to-do-Liste des Tages denken mussten. Dem Gesprächspartner einfach zu hören und ohne weitere Gedanken reden können. Ganz da sein, im Moment.
Als wir beim WoMo ankamen, luden wir alles ein und mussten erst Mal die Gespräche verdauen und etwas essen.
Später nahmen wir wie geplant die Laptops hervor und schon klopfte es an der Türe.
Wir ständen nun schon über 4 Stunden hier auf den Parkplatz und was wir gedenken, wie lange wir noch bleiben möchten, fragte der Securitas. Wir versicherten ihm, dass wir in der nächsten Stunde den Platz verlassen und wir bestimmt nicht hier übernachten werden.
Nach ungefähr 45 Minuten fuhr er nochmals mit seinem Auto und den grellen Warnlichtern bei uns vorbei, blieb etwa eine Minute länger vor dem WoMo stehen und nickte uns zu.
Als wir wirklich eine Stunde später den Platz verliessen, winkte er uns ganz genüsslich zu und wir taten das selbe.
Wir fuhren weiter in den Snow-Park vor dem südlichen Eingang des Crater Lakes. Ein Platz wie im Bilderbuch. Eine grosse Teerfläche, zwei ToiToi’s und bereits zwei, drei WoMo’s vor uns dort am Rand stehend. Rund um diese Fläche war Wald und überall hatte es kleine Nischen, in welchen man auch parkieren hätte können.
Daneben eine relativ neu ausschauende Hütte mit einem offenen Feuerkorb, Steckdosen und Pick-nick Bänken.
Das Beste: Gratis! Und nirgends war Müll. (ein generelles Problem sonst hier…)
Im Verlauf des Abends wurde der Platz immer voller. Ein anderes Cruise America WoMo, ein Dachzeltpärchen, diverse Wohnmobile mit PickUp’s, drei Weinsbergerbüschen, und zwei kleine VW-Büschen.
Es war gemütlich und wir fühlten uns wohl. So war dann auch entschieden, dass wir hier zwei Nächte bleiben.
Am Abend assen wir richtig gut. Es gab selbst gefüllte Fajitas mit Kidneybohnen und Nachos + Salat, Salsa und Guacamole dazu. Wir kugelten sehr beseelt ins Bett.
Am nächsten Morgen schliefen wir aus. Gegen 9 assen wir Zmorge und machten uns dann auf einen Spaziergang auf im Wald.
Gegen halb eins waren wir zurück und gefühlt war wieder Schlafenszeit. Um dies zu umgehen fuhren wir etwas südlich zurück wo wir Empfang hatten und genossen dort etwas Internetzeit. Wir suchten noch immer weitere Flüge bzw. Möglichkeiten um unsere neuen Wünsche und Träume realisieren zu können.
Kurz vor dem eindunkeln fuhren wir dann zurück, lasen noch, drehten nochmals eine kleine Runde in diesem Snowpark zu Fuss und schauten zu, wie sich dieser Platz wieder füllte. Heute waren es Escapebüschen, big rigs und wieder VW Büschen.
Am nächsten Morgen wollten wir früher los fahren um dann in den Crater Lake National Park zu gelangen und wenn möglich noch nicht die besten HotSpots mit 100 anderen teilen zu müssen, weshalb wir früher schlafen gingen.
(Die letzten zwei Nächte waren wirklich wärmen, was so zwei, drei Grad schon ausmachen…)
Wir geniessen das langsamere reisen, auch wenn oft das Gefühl von Sinnlosigkeit oder verschwenderisch aufkommt. (Die Tage in der USA sind teuer, wir sind sehr eingeschränkt hier, die Bandbreite von Unternehmungen sind eher gering, etc.)
Dennoch benötigen wir gerade beide auch Zeit für uns.
Marco geht gerade wieder voll im programmieren auf und Nicole verschlingt Buch um Buch. Und es fühlt sich wirklich gut an, Zeit für sich zu haben, die man nicht extra vor-reservierte oder sich explizit in seinem Kalender eingetragen hat und während dessen an weitere X-Dinge denkt, die man zu machen hätte.
Ich glaube zu behaupten, dass wir in diesem ‹long-travel-feeling› angekommen sind. Und: wir geniessen es sowas von!
2 Antworten zu “17.10.-19.10.2022”
Das macht ihr gut! Geniesst es!
Lg Mama Veronika
Danke, das haben wir.
Ganz liebe Grüsse zurück an alle. 🙂