Zurück nach Kasachstan


‹Ohne Grenzen kann es nichts geben, denn es ist begrenzt unser Leben.›

unbekannt

Wir beeilen uns am Morgen um noch vor der Abfahrt frisches Quellwasser holen zu können und dann gleich an die nächste Grenze zurück nach Kasachstan zu kommen.
Heute sind heisse Temperaturen angesagt und als wir immer näher an die Grenze der zwei Länder kommen, spüren wir sie auch deutlich im Auto.
Gut haben wir die gesamten Flaschen und Kanister nochmals mit eiskaltem Wasser gefüllt.
Unser provisorischer Kühlschrank läuft aber sicher schon am Limit. (eine Kartonschachtel mit kalten Flaschen drin und doppelt abgedeckt mit Tüchern, darin ein Tupperwarensystem mit Zwischenkühlung durch Wasser, wie halt ein echter Kühlschrank)

Unser letztes kirgisisches SOM Geld geben wir auf den Rappen an der Tankstelle aus und haben so keine ‹Altlasten›.
Nach zwei Stunden seit Abfahrt, erreichten wir dann die Grenzstelle und stellen uns geduldig an.

Grenze 1, dreispurige Anstehschlange und wir sind noch gute 600 Meter vor dem Grenzgang

Wir warten geduldig, decken das Auto mit der Plane und Shirts an den Fenster ab und trotzdem verlaufen wir ein Glace.
Neben uns: das Zollhäuschen für die Lastwagen. Dort frage ich nach, wie lange wir hier so etwa einrechnen müssen.
Die Antwort: etwa so zwei Stunden.

Okay, eine halbe haben wir schon geschafft. Dann wird sich sicher alles bald schnell auflösen.

Als es keine zwei Minuten an unserer Scheibe klopft, wurden wir gefragt, ob wir Hilfe benötigen. Er könne sie uns anbieten und uns innerhalb von 10 Minuten an den Grenzpunkt bringen. Kosten würde es lediglich 40’000 SOM, was 40 CHF entspricht.
Wir lehnen dankbar ab und erhalten die Antwort: Dann viel Spass bei 8 Stunden warten.

Eine Stunde später bewegten wir uns noch immer keinen einzigen Meter (abgesehen davon, dass ein Auto aus der Schlange ging) und wir entschieden uns trotz der schlechten Alternativen auch die Schlange zu verlassen.
In der bald folgenden Mittagshitze, keine Aussicht auf Besserung und so viele Lastwagen die weiter vor sich hin brummen….nein danke.

Also machten wir uns auf einen 5 stündigen Umweg zur weiter westlichen Grenze.

Wir erreichten nach einer guten Stunde eine Zahlstelle und wie wir uns erinnern, haben wir unser gesamtes Bargeld an der Tanke aufgebraucht.
Ihr könnt euch das vorstellen wie in Italien an den Mautstellen.
Hinter uns eine riesige Linie, alle hupen bereits ungeduldig und als wir dem Kassier unsere Karte hinhalten, möchte er uns zwar via Google Übersetzter wahrscheinlich sagen, dass wir nicht mit Karte bezahlen können, da die Verbindung aber so schlecht ist, funktioniert dies nicht.
So öffnet er, nachdem ihm wohl das Gehupe auch zu blöd wurde, nach zehn Minuten ohne zu bezahlen die Schranke.

Wir fuhren einen Pass hoch, der nie mehr zu enden schien.
Oben regnete es und als wir nach einer weiteren Stunde den wahrscheinlichen Peak erreichten, stehen wir erneut in einer riesen Schlange.

immer schön alle Spuren belegen, sonst könnte ja noch jemand vordrängen

Bis wir verstehen was das Problem ist, sind schon gute 30 Minuten vorbei.
Wir stehen vor einem Tunnel und die Ambulanz rauschte irgendwann an uns vorbei.
Der Tunnel hat eine Vollsperrung und nach über eineinhalb Stunden begann sich die Leute schnell in ihr Auto zu verziehen was für uns bedeutete: es geht wohl vorran. Auch wir konnten dann endlich mal fahren.

Die Schlange hinter uns war weitere Kilometer lang und die Einheimischen stellten sich queer, legten Steine auf den Weg um den anderen Automobilisten das Vordrängen zu erschweren.

Etwas was wir seit Tag ein unseres Roadtrips machen: Kaputte Autos zählen oder besser: Pannenautos zählen.
Am heutigen Ende des Tages war der Rekord geknackt und lag neu bei 36.

Wir fuhren immer weiter (Der Tunnel war also auch spektakulär, weder eine schöne geteerte Strasse noch eine Ventilation. Da drin stäubte es, ihr könnt es nicht glauben.) und erreichten spät am Abend endlich die andere Grenze.

Davor aber kamen wir ein zweites Mal mit der kirgisischen Polizei in Kontakt.
Ich habe auf der Brücke einen Traktor überholt was natürlich strengstens verboten ist.
Und wie wir es gelesen hatten, stellten wir uns ganz dumm, ich entschuldigte mich streng übertrieben und hoffte auf etwas Milderung der Strafe.
Der Polizist sprach kein Englisch und übersetzte nur via Google Übersetzer. Seine Mine blieb finster bis er merkte, dass wir wirklich kein Russisch können.
Entsetzt fragte er ob wir Touristen seien und dies bejahten wir natürlich wahrheitsgemäss.
Sofort änderte sich die Stimmung, ein kurzer Blickaustausch zwischen ihm und seinem Polizistenkollegen und meinte dann ‹Foto (zeigte dann auf Marco und mich und ihn) no money›.
Ich verstand das so, dass wir gegen ein Foto keine Strafe bezahlen müssen und genau so war es.
Nun hat irgendein kirgisischer Polizist ein Foto mit Marco und mir auf seinem Handyhintergrund und wir mussten dafür keine Strafe bezahlen.

Nun zum Grenzgang um etwa 19 Uhr:

die kirgisische Grenze ist wenigstens schon in Sichtweite

Auch hier stellen wir uns in die Reihe, können aber alle 10-15 Minuten einen guten Rutsch nach vorne fahren und sind nach drei Durchgängen gut durch und können auch das Tor passieren.

Genau wie bei der Ausreise musste ich aussteigen und die Grenze zu Fuss passieren während Marco im Auto alleine weiter muss.

Was danach folgte, war mehr als strange und wäre viel zu viel um hier nieder zu schreiben.

Auf alle Fälle war die Ausreise von Kirgisistan ziemlich schnell und ohne grössere Probleme. Wie immer, werden unsere Pässe ziemlich lange angeschaut, wir halten stest die ganze Schlange auf und die Leute werden irgendwann ungeduldig.

Hingegen die kasachische Grenze war ein Ding für sich. Während Marco alleine im Auto in irgendeine Schlange musste, wurde ich ziemlich barrsch zum Kontrollhäuschen verwiesen.
Darin waren schon viele Leute, vor allem Kasachen.
Ein etwa 40 jähriger Mann starrte mich non stop an und sendete mir immer wieder Luftküsschen.
Dazu heuerte er eine sehr junge Kasachin an, mir zu übersetzten, dass er mich wunderschön finden würde.
Immer mehr fühlte ich mich unwohl, aus der Schlange konnte ich aber auch nicht mehr, denn ein zurück gibt es nicht.
Zum Glück kam wenig später eine kasachische Oma ins Räumchen und stellte sich auch in die Schlange. Sie lies erneut über die jüngere Kasachin fragen, woher ich sei und wie ich heisse. Zudem wollte sie wissen, ob ich zu dieser Familie vor mir gehöre.
Als der Mann noch immer nicht aufhörte zu starren und die Oma erfuhr, dass ich alleine hier bin, zog sie mich am Arm zu sich und wurde ziemlich böse zum Herren.
Ab dann gehörte ich in die Obhut der Oma und der Herr wurde ausgenockt.

Die Beamtin war dann auch nicht sonderlich nett und hätte mir die junge Kasachin nicht erklärt, dass wir auf das kleine Zettelchen unseren Namen und die Passnummer aufschreiben müssen, hätte ich den ganzen Zirkus nochmals machen müssen.
Dies wollte ich unbedingt Marco mitteilen, denn er hat sicherlich nicht genau so ein Glück wie ich und bekommt es gesagt.
Als ich also ein Stück zurück zu Conne lief und Marco schon in Sichtweite sah, stellte sich mir ein Militärbeamte in den Weg und meinte ‹welcome to kasachstan but now bye bye. This way!› und schickte mich fort.
Ein anderer Militärbeamte folgte mir und fragte mich dann andauernt ob er mich nach Hause bringen soll, wie viel ich so möchte und erst als ich ihm meinen Ring am Finger unter die Nase hielt und zu Conne und Marco zeigte und ‹husband› rief, lies er nach. (Muss ja glaubwürdig wirken.)

Nun wartete ich also hinter dem Gatter und sehe, wie genau dies passierte, was ich vorraus sah. Marco wurde nämlich nicht informiert mit dem Zettelchen und musste das ganze Spiel doppelt durchlaufen. (So eine Session dauert ungefähr 30 Minuten wenn nicht noch länger.)
Irgendwann wurde ich dann mal ungeduldig und fragte die 5 rauchenden Militärheinis am Gatter, wo Marco denn bliebe. (Sie wussten alle, dass wir zusammen gehörten, schliesslich waren wir die einzigen offensichtlichen Ausländer.)
Er vertröstete mich nur mit ’soon soon› und schickte mich wieder weg.
Im Augenwinkel Marco der erneut das ganze Auto zur Schau stellen musste und jede Schublade, jeden Reisverschluss und jedes Utensil präsentieren musste.

Um kurz vor 22.30 Uhr hatten wir es geschafft und waren beide total fertig.
Wir suchten nur noch schnell, schnell einen Schlafplatz und fuhren etwas aus der Stadt raus.

Mein Kopf dröhnte, ich hielt die Augen geschlossen denn die Lichter waren wie Stiche in meinen Augen während Marco tapfer in der Dunkelheit den Weg fand um irgendwo im Nirgendwo unser Zelt aufzustellen.

Kurze Zeit später kochte sich Marco noch etwas kleines zu Essen, während ich bereits im Zelt lag.
In der Nacht folgte dann die Migräneattacke im vollen Ausmass. Bis nach vier Uhr erbrach ich mich immer wieder, während wir eigentlich beide so müde und durch waren und nur schlafen wollten.
Das war im Nachinein so eine Situation in welcher ich dachte, dass alleine reisen wohl nichts für mich gewesen wäre.
Alleine jemand in so einer Situation zu haben, der mir Wasser und Taschentücher bringt und einfach jemand der sich um einen sorgt da zu haben, bringt einen grossen Sicherheitsaspekt mit sich.


4 Antworten zu “Zurück nach Kasachstan”

  1. Das Reisen lehrt Toleranz. Benjamin Disraeli
    Ihr Lieben….eine anstrengende Reise Etappe….Migräne in so einer Situation ist sch…schön, dass Marco weiss was gut tut….ich hoffe ihr habt euch beide etwas erholt und könnt ohne Stress weiter fahren…Danke für die Bilder,trotz Autoschlange sieht man die wunderbare Landschaft….

    • Dieses Zitat hat was! Danke fürs teilen.
      Ja anstrengend aber auch eindrücklich zu sehen, wie das Leben auf anderen Kontinenten und Ländern funktioniert.

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