‹Wenn auch die Fähigkeit zu täuschen ein Zeichen von Scharfsinn und Macht zu sein scheint, so beweist doch die Absicht zu täuschen ohne Zweifel Bosheit oder Schwäche.›
René Descartes
Um 6:30 Uhr klinelt der Wecker und wir sind so etwas von unausgeschlafen.
Beide kämpfen und gleichzeitig wird uns bewusst, dass dies bald auch wieder der Alltag sein wird. Unser Alltag, indem nicht täglich bis halb acht oder gar später geschlafen werden kann.
Wir schaffens dann fertig zu packen und warten darauf, dass der Sicherheitsmann seine Schlafmatte vom Boden aufhebt und uns damit das Zeichen gibt, dasss nun gleich das Personal der Unterkunft kommt.
Mit unserem ganzen Gepäck geht es runter zu den Tischen und der Poolanlage und wir bestellen unser Frühstück.
Um kurz nach acht Uhr wurden wir von unserem Transportmann abgeholt und sitzen auf unserer kriminellsten Fahrt seit der ganzen Reise.
Wir beide dachten, dass wir das hier nicht überleben werden und wann immer wir konnten, hielten wir uns an den Händen, schauten uns an und redeten uns gut zu, dass es nicht mehr lange dauern würde und wir einfach froh sind, wenn wir hier draussen sind.
Die Fahrt zog sich und nach etwas über zwei Stunden waren wir am Hafen von Lombok, Bangsal, angekommen.
Der Fahrer lässt uns bei der Schiffskompanie raus und dort müssen wir quasi ‹einchecken›. Als er uns dann sagte, dass das Boot frühstens um 13.30 Uhr losfährt, wurde ich richtig wütend.
Ich war müde, gereizt von der abatrigen Fahrt davor und hatte echt keine Lust, nun noch über drei Stunden zu warten.
Genervt riefen wir unseren Veranstalter an, der, welcher uns Ticket buchte und uns versicherte (es stand auch auf unserem Ticket) dass das Boot um 11.30 Uhr fährt.
Dieser sprach dann zwar mit dem Typ vom check in, jedoch nicht wirklich mit uns und schrieb im Anschluss nur noch, dass die Boote heute etwas zu spät sind, wegen des starken Seegangs. Na Lotto…
Es blieb uns eh nichts anderes übrig und so warteten wir bis um 12:30 Uhr. Denn ein viel teureres Ticket für einen Privatboot nach Padang Bai wollten wir nicht kaufen. (Hätte über zwei Millionen Rupiah gekostet.) Dann hiess es plötzlich auf zum Steg.
Wir freuten uns schon, aber die Enttäuschung war ziemlich bald wieder da. Denn dort warteten wir nochmals eine Stunde. Nun einfach auf hartem, eckligen Boden anstatt in einem Cafe.
Nach halb zwei nachmittags durften wir einsteigen, beobachteten jedoch noch, wie zuerst ganz kanpp ein Rucksack nicht ins Meer flog und wie es danach wirklich passierte.
Nun hofften wir einfach, dass unser Gepäck nicht dem gleichen Schicksal gewidmet ist.
Im Boot dann die nächste Ernüchterung: es ist komplett voll, unsere Sitze sind nass, da es non stop von der Decke tropft. Klimaanlage ist defekt, die Leute sind genervt und es herscht raue Stimmung.
Mit Taschentücher stopfen wir die tropfenden Löcher und wir beide schlafen im sitzen ein.
Eine Stunde später war es unbequem, der Nacken schmerzte und die Taschentücher fielen bereits mehrmals ‹pflotsch› nass auf unsere Oberschenkel.
Ein Blick auf google Maps: es dauert bestimmt nochmals so lange, bis wir in Bali Padang Bai erreichen.
Ich kürze das mal hier ab: es dauerte ENDLOS lange.
Um etwas nach 17.30 Uhr erreichten wir den Hafen und wurden direkt schon von gefühlt 50 Taxifahrern und Shuttle-Fahrer angebrüllt, dass wir mit ihnen fahren sollen.
Plotttiwst: wir hatten ein Ticket mit dem Aufdruck ’no shuttle› aber ein seperates, anpostitchtes Ticket mit dem Shuttlebus, paid und Canggu beschriftet.
Irgendeinem Heini drückten wir dann, wie alle andern auch, unser Ticket in die Hand, welcher uns dann zu den Minibusen führte. Dazwischen wurde unser Ticket weiter gereicht, der Typ verschwand und ein Taxifahrer bedrängte Marco.
Er solle mit ihm fahren, die Fahrt mit dem Shuttle daure mindestens vier Stunden nach Canggu, denn der Bus hält überall bevor er Canggu erreichen werde.
Aufpreis für dieses private, direkte Taxi: 450’000 = ungefähr 27 sFr.
Jaja, wir wussten jedoch, dass die Shuttles jeweils nur die zentralen Orte anfahren, sprich die Stadt und dann den Dorfkern davon. Es gibt weder Zwischenhalte davor noch danach und auch keine anderen Ausstiegsorte. Zudem wussten wir auch, dass die Leute separtiert werden zwischen Ubud, Kuta, Canggu und Denpasar. Also alles fake und reine Geldmacherei.
Dass du damit schneller am Ziel bist: nein. Dass sie damit mehr Geld verdienen: ja!
Aber halt nicht mit uns…
Wir durften dann unser Gepäck einladen, unser Ticket wurde eingezogen vom Fahrer und wir durften einsteigen.
Mittlerweile war es spät, die Sonne am untergehen und wir wussten, dass wir noch mindestens eineinhalb Stunden vor uns haben. Die Laune war dementsprechen im Keller.
Hinter uns stieg eine Dame in ungefähr unserem Alter ein und schien schon ziemliche Bali-Erfahrung zu haben. Sie sprach jedoch nicht mit uns, jedoch sehr ruppig und streng mit den Taxileuten und den tausenden Verkaufsleute, die dich regelrecht bedrängen.
Der Bus war voll, wir waren abfahrtsfertig, bis unsere Namen aufgerufen wurden. Wir sollen sofort den Bus verlassen.
Wir dachten, irgendetwas sei mit dem Gepäck nicht gut oder wir müssen noch irgendetwas zeigen, also folgten wir der Aufforderung.
Plötzlich hiess es, wir sollen unser Gepäck nehmen und wir hätten keinen Shuttle.
Wir verstanden die Welt nicht mehr. Unser Typ, welcher uns beim Steg abholte wurde von Marco gesucht zur ‹Bestätigung› dass wir ein Ticket hatten.
Immer wieder erklärten wir, dass wir doch extra ein separiertes Ticket hatten.
Wir waren schon ziemlich ratlos, schockiert und die Kerle sagten immer nur: ‹dann ruf deiner Agentur an› oder ‹wir haben nie ein Ticket von dir gesehen› oder am liebsten und das machten sie im zwei Sekundentackt: ‹hier, hier auf deinem Ticket steht ‹NO SHUTTLE›.
Natürlich riefen wir immer und immer wieder der Agentur an, welche jedoch plötzlich nicht mehr erreichbar war. Was für ein Zufall…
Wir beide waren komplett geladen, so wütend auf das ganzen, denn wir verstanden schon ziemlich schnell auf was dies hinaus laufen wird.
Die Dame aus dem Bus stieg aus, nahm mich etwas zur Seite, bot mir von ihrem Bier ein Schluck an und meinte zu mir, wir sollen uns ja nicht klein kriegen lassen und sicherlich nicht noch ein Ticket kaufen, vor allem nicht bei ihnen.
Sie hätte das letzte Mal als ihr das selbe passiert ist, dann ein blaues Taksi (Eigenmarke von Bali) genommen und sei so gefahren, da sie es einfach nicht beweisen konnte, dass sie einen Shuttle bezahlt hatte.
Marco war mittlerweile auch richtig sauer und nun kamen die ganzen Verkäuferinen, welche uns Chips, Bier und Wasser anboten und zusätzlich immer mehr Fahrer, die uns einen Shuttle oder eine Taxifahrt offerierten.
Wir waren beide verzweifelt und ich war schon kurz vor dem fluchen, als Marco unser Ticket am Boden, zerknüllt unter dem Shuttle-Van fand.

Wir zeigten sehr aufgebracht den Kerlen unser Shuttleticket und die meinten nur, wir sollen kein Theater machen und sofort einsteigen, wegen uns hätten wir schon viel Zeit verloren.
Am liebsten hätte man ihnen natürlich alle Schande gesagt.
Die Stimmung im Bus war geladen. Zwei Paare und die Dame sowie wir zwei sassen darin und die Dame unterhielt sich noch kurz über die gängigen Scams hier in Bali, bis alle still wurden und dem gefährlichen Fahrverhalten zuschauten.
Irgendwann, so ungefähr 10 Kilometer vor Canggu Zentrum, hielt er an, fuhr über irgendeine Bordsteinkante und riss alle Türen auf. Wir sollen aussteigen, wir hätten Canggu Zentrum erreicht.
Ich hatte Google Maps geöffnet und sagte dem Fahrer, dass wir noch über 10 Kilometer von Canggu Zentrum entfernt seien. Er verneinte und meinte, ich solle mich nun bewegen und aussteigen.
Ich verweigerte. Ich hatte keine Nerven mehr. Mein Kopf explodierte förmlich, hatte ich schon den ganzen Tag schlimme Kopfschmerzen und nach dem Vorfall einfach genug von dieser Touristenabzocke.
Die junge Dame schritt wieder fürsorglich für uns alle ein, nahm kurz mein Handy um den Standort abzugleichen und wurde sofort laut dem Fahrer gegenüber.
‹Wir steigen hier nicht auf, ihr seit alles Archlöcher, ihr verarscht uns alle hier die ganze Zeit und sie steige nicht aus, bis er sie zum Zentrum gebracht hätte.› Er zeigte ihr so ungefähr den Mittelfinger, öffnete den Kofferraum und wollte just beginnen, unsere Backpacks auszuladen. Der Mann in der hinteren Reihe, auch in unserem Alter, schritt ein, griff ihn schon fast am Shirt und schrie ihn non stop an, er solle endlich aufhören und uns verdmmt noch mal endlich dahin bringen, wofür wir alle auch bezahlt hatten.
Dann kam er zu mir und öffnete die Beifahrertür (Marco und ich sassen ganz vorne) und ich zeigte ihm nochmals, wo wir waren und wo wir hin gebracht werden müssen laut unserem Ticket. Er wollte sich gerade mein Handy schnappen (wahrscheinlich als Druckmittel à la ‹ich gebe es dir nur zurück, wenn du aussteigst›) bis Marco einschritt und ihn anschrie, er soll ja nicht mein Handy anfassen! Mehrmals versuchte er es und Marco schrie immer wieder ‹Don’t touch her phone!›
Nach dem der ganze Bus immer wieder laut war, der Fahrer und wir Gäste einander anschrien (also Gäste gegen Fahrer, wir Gäste hielten zum GLück alle zusammen), gab er irgendwann auf, tat so, als würde er telefonieren (Marco sah, dass sein Display stets schwarz blieb) und meinte dann, dass er sich vertan hätte bei der Haltestelle.
Er fuhr uns die 10 Kilometer zur richtigen Stelle und meinte dann zu mir ’schau, hier ist Canggu Central›. Ich konnte nicht mehr und sagte in einem sehr ironischen Ton ‹wow, gut mein Freund, du hast es gefunden.› Seine Reaktion darauf hättet ihr sehen müssen. Etwas zwischen der Mischung aus ‹halt einfach dein Maul du Blöde› und ‹da hab ich wohl Mist gebaut›.
So oder so, wir waren endlos genervt und froh, konnten wir noch gute 35 Minuten bis zu unserem Hostel spazieren. Wir mussten dringend Dampf ablassen und konnten irgendwie nicht fassen, was die letzten paar Stunden passiert ist.
Wieso musste zwei Tage vor Abreise noch so etwas passieren? – Bisher wurden wir ’normal› als Tourist abgezogen, nun war es aber irgendwie übertrieben viel und ziemlich erbärmlich.
Wir googelten während der Fahrt und auch noch am Abend und fanden bei über 350 Rezesionen 349 genau gleiche Inhalte. Boot, welches viel teurer gekauft werden soll um so Wartezeiten zu vermeiden, teuerers Taxi, Ticket auf dem ’no shuttle› steht damit sie dann das seperate Ticket verschwinden lassen können und so weiter und so fort.
Wir lasen die sträubsten Geschichten und waren irgendwie froh, lief unsere noch mit einem eingermassen guten Ende ab. Denn hätten nicht alle im Bus gesagt, wir bleiben drinn, wäre das Spiel gelaufen.
Müde, erschöpft und vor allem enttäuscht kamen wir im Hostel an, bei welchem wir weder auf den Zimmertafeln standen noch war der Besitzer vor Ort oder via der Nummer die auflag erreichbar.
Marco meinte, wir geben dem ganzen ein paar Minuten Zeit und ich solle auch kurz absitzen, etwas trinken und ruhen.
Und schon kam auch der Besitzer um die Ecke mit einem Karton Wasser.
Er entschuldigte sich und wir durften sofort das Zimmer um mittlerweile nach 19 Uhr beziehen.
Wir erzählten ihm die Geschichte worauf er nur sachte den Kopf schüttelte und meinte ’so wie immer also›.
Nach einer Dusche gingen wir noch auf Abendessenssuche und landeten in einem richtig guten Burgerrestaurant.
Wir waren so müde, so kaputt und so enttäuscht. Wir konnten nur noch über das Erlebte sprechen und kamen einfach nicht darauf klar, was passierte.
Übrigens: wann immer wir nun Burger essen kommt das gleiche Fazit: war gut, aber so gut wie in Alaska war einfach noch keiner.
Ohne sich nochmals zu drehen, schliefen wir ein und waren irgendwie froh, waren unsere Tage hier gezählt.
Nebensätze:
Wisst ihr, der Tourismus hier auf Bali soll stark eingeschränkt werden. Das Land ist überfordert mit der Menge, den negativen Aspekten die Tourismus nun halt mit sich bringt und möchte daher alles einschränken. Es wird diskutiert, ob eine Jahresmaximalzahl an Einreisende festgelegt werden soll, ob Roller nicht mehr an Touristen vermietet werden dürfen, da es einfach täglich mehrere Unfälle gibt und die Strassen so stark überlastet sind, dass für 10 Kilometer 20-30 Minuten eingerechnet werden müssen.
Wir sehen das so:
Toruismus bringt immer Positives sowie Negatives mit sich.
Das ganze Geld, welches ins Land gebracht wird, kurbelt die Wirtschaft im Land an und hilft Arbeitsplätze für Locals zu generieren, was den Lebensstandart wahnsinnig hebt in einem Drittweltland.
Tourismus öffnet auch kulturell ein Land und bringt vielleich Veränderungen mit, die ein Land davor noch nicht schaffte umzusetzten (wie zum Beispiel öffentliche Abfalleimer) oder Systeme, die zuerst generiert oder bezahlt werden müssen.
Tourismus bringt jedoch auch Negatives. Es gibt den Locals Macht über den nicht-wissenden-Urlauber. Die Masse machts, würde ich mal behaupten und so ist es bei der Masse an Touristen einfach klar, dass Einheimische, welche vielleich am letzten Tuch nagen, in uns die Geldmaschinen sehen.
Hier wurden wir noch immer gefragt, woher wir kommen und noch immer heisst es ‹ah switzerland, money money›.
Die Locals sprechen teils schon fast deutsch und so werden Verhandlungen ausgebeutet.
Will sagen: Vor- und Nachteile und hier haben es sich die Balinesen einfach selber vertan.
Wir selber haben bis auf höhere Preise zu bezahlen oder eben das heute, keinen weiteren Scam erlebt. Aber es gibt Geschichten ohne Ende und auch echt sehr traurige davon.