Senggigi


„Die Gesamtheit ist mehr, als die Summe seiner Teile.“

Aristoteles

Gegen 7 Uhr sind wir wach, bleiben jedoch noch bis nach 8 Uhr liegen.
Peter, der ausgewanderte Australier, 78 Jahre alt und der Besitzer des Hotels begrüsst uns unten im Restaurant und lädt uns auf einen Kaffee ein.
Er hat schweres Parkinson und gibt trotzdem täglich alles um möglichst fitt zu bleiben. So wandert er täglich auf den Senggigi-Hügel und bracht dafür etwa eine Stunde.
Er empfiehlt uns diesen sehr, so hat man oben angekommen eine tolle Aussicht auf Senggigi und sieht tolle Sonnenuntergänge.
Wir nehmen ihn definitiv auf unsere Liste auf und sprechen noch über eine Stunde mit ihm, bis wir uns ablösen.

Mir ging es irgendwie nicht so gut und hatte von dem starken Kaffee extremes Magenbrennen.
So verweilten wir noch etwa dreissig Minuten im Zimmer und packten anschliessend unsere Dinge für den Ausflug zum Wasserfall.

Dieser liegt etwa eine Stunde und 15 Minuten entfernt von unserem Hotel und um diesen zu erreichen, müssen wir einmal durch die Hauptstadt von Lombok durchfahren. Hallelujah!

Marco lenkte uns prima durch den Verkehr und wir müssen einmal mehr sagen: hier sind das schon andere Welten und gefühlt fahren die Leute ein bisschen vorsichtiger. (Wenn aber für unsere Verhältnisse noch immer sehr kriminell.)

Wir erreichen kurz nach 12 Uhr den Wasserfall und werden direkt ins ‹weisse› Büro verwiesen.
Hier wird ganz klar unterschieden, ob du Tourist oder Einheimisch bist und dementsprechend gibt es auch ganz andere Eintrittspreise.
Zum Glück haben wir uns bei Google Maps belesen und vereinbarten vor dem Eingang gemeinsam einen Höchstpreis.

Natürlich wurde als erstes gefragt, woher wir kommen und wie immer entgegnete es uns mit: ‹ahhhh switzerland, the country with the big mountains, snow and a lot of money.› und ab dann wissen wir immer, dass es nun nur noch härter zum feilschen wird.
Er nannte uns einen absolut unangebrachten Preis für die Besichtigung für zwei Wasserfälle und handelten ihn dann auf 150k inklusive Parkgebühr für uns beide runter.
Ich sagte dem Herren ehrlich, dass ich bei google Maps diverse Beträge von 5k bis zu 450k gelesen hätte und er mich bitte nicht übers Ohr hauen soll.

Mit dem Ticket in der Hand folgten wir Mos, unserem Guide.
Wir hätten die Wahl mit dem Roller oder zu Fuss gehabt und wir stellten uns auf die 10 Minuten Wegzeiten ein, wie uns der Ticketverkäufer auch erklärt hatte.
Wir wählten aufgrund unserer Popo-Situation (Lorenz ist nicht gut gepolstert und jeder der Roller fährt weiss, dass ab einer gewissen Zeit Poschmerzen unumgänglich sind.) den Fussweg und waren nach wenigen Meter schon froh, diese Option gewählt zu haben.
Der Hang ging steil bergauf und wir hätten nicht gewusst, wie wir das mit Lorenz geschafft hätten.

Zum ersten Wasserfall war es ‹einfach›. Ein paar Treppen hoch, ein paar runter, ein bisschen bergauf wandern und sicherlich länger als zehn Minuten.
Die 33 Grad, die bemerkten wir wirklich.
Trotz des (noch) moderaten Schwierigkeitslevels, schwitzten wir, was das Zeug hält.

Wir erreichten nach sagen wir mal 20 Minuten besagter Wasserfall. Oder wohl eher Schlucht.
Denn vor uns war eine Felskuhle mit zwei prächtigen, dreissig Meter hohen Wasserfällen.
Viele Leute waren da, aber fast ausschliesslich Einheimische, was uns sehr erfreute.

Keine paar Minuten ging es und wir wurden von Kindern gefragt, ob sie ein Foto mit uns machen dürfen.
Sie suchten immer wieder unsere Aufmerksamkeit, nannten uns ihren Namen und fragten uns nach unserem.

Mos bot uns an zu baden, hatte sogar extra einen Sarong für mich mitgenommen, da es hier im muslimischen Land verboten ist im Bikini zu baden.
Wir lehnten dankbar ab, hatten wir a) kein Badzeug dabei und b) war das Wasser sooo kalt.

Nun gingen wir weiter, sahen Affen und Mos erklärte uns, dass es zwei verschiedene gibt.
Die braunen oder schwarzen sind freundlich, neugierig und okay. Die weissen Affen hingegen weisen ein erhöhtes Aggressionspotential auf und von diesen sollte man auch stets genügend Abstand halten.

Das wir noch beim Roller unser Schuhwerk von geschlossenen zu FlipFlops wechselten war eine gute Idee denn der Boden war immer wieder nass oder pflotschig. Dies hingegen führte auch dazu, dass ich innerhalb kürzester Zeit vier grosse Blasen an beiden Füssen hatte.
Es half alles nichts mehr, ich konnte keinen Schritt mehr gehen und als wir zu klettern begannen und das Zehentrennstäbchen des FlipFlop immer wieder gegen die Blase drückte, zog ich sie kurzerhand aus.
Es ist eh egal, dreckig werden meine Füsse eh und als Mos erlärt, dass es hier zwar Schlangen gibt, wir aber ‹ganz eeeeasyy› unterscheiden können von giftig oder ungiftig anhand des dreieckigen Kopfes, verwarf ich eh all meine Zweifel und versuchte nicht mehr länger darüber nachzudenken.

Mos spach zwar richtig schlecht Englisch, aber was er erzählte, erzählte er mit Herzblut und wir merkten, dass er wohl gerne mit uns unterwegs war.

Nachdem wir weitere 20 Minuten Knie hohe Stufen erklimmten, drehte er sich um und schaute uns an. Er überlegte kurz und fragte, ob wir die anderen zwei Wasserfälle doch sehen möchten. (Wir wählten die Tour mit nur zwei, da diese günstiger und auch ausreichend für uns gewesen wäre.)
Er meinte, er mache eine Spezialtour für uns und führte uns zu einem kleinen Trampelpfad. Ab sofort wird nur noch geklettert, gerutscht und Berg ab und auf gewandert.

Wir erreichten Wasserfall zwei, wo Marco sich bis zum Fall watete durch das Knie hohe Wasserbecken.
Nach einer kurzen Pause (Mos hatte ein Tempo drauf…) gings weiter und ich bemerkte, dass ich extremen Puls hatte und zusätzlich starke Kopfschmerzen bekam.
Weiter gings, Mos sprach immer mal wieder mit ‹Miss you’re okay? Mister you’re okay too?› und lief gekonnt weiter. Er kannte den Weg, die rutschigen Stellen während Marco und ich uns durch kämpften.
Spoiler: wir schafften es ohne auszurutschen oder den Boden zu küssen. Yey!

Wir erreichten nach einer Kletteraktion über dicke Wasserrohre und einen Matschpfad den dritten Wasserfall, welcher der kleinste aller vieren war.
Ab hier kreuzten wir auch eine andere Familie, die sichtlich auch am Anschlag lief.
Die wahrscheinlich Australierin sprach mich zwar an, gab mir auch deutlich zu verstehen, dass sie eine Antwort von mir erwarete, aber ich war irgendwie nicht im Stande zu antworten, lächelte daher nur und nickte.

Weiter gings und wir waren sicherlich schon über eine Stunde unterwegs bis wir endlich den grossen und somit das Highlight erreichten.
Und wow, es hatte sich sowas von gelohnt!

Wir standen unten an der Kante bei den kleinen Becken und blickten auf üppige grüne Felswände wo rund um uns herum das Wasser nur so raus regnete.
Mos machte von uns ein Bild/Video (er verstand nicht ganz, dass er bei der GoPro kein ‹knippsen› à la Foto auslösen muss und klickte daher immer wieder, was die Aufnahme abbrach…😉) und gab uns anschliessend etwas Zeit.
Wir wateten etwas durchs Wasser, bis mich ein junger Herr ansprach und mit quasi anbettelte ein Foto mit seinem Freund zu machen.
Zum Glück eilte Marco dazu, damit ich nicht alleine mit ihm auf dem Foto endete und er war überglücklich, dass er nun zwei Weisse auf dem Bild hatte.

Mittlerweile kommen wir uns richtig komisch vor und es fühlt sich auch nicht wirklich gut an. Denn wissen, wohin die Bilder kommen, werden wir nie.
Auch wenn uns bewusst ist, dass wir immer irgendwo auf Touristenfotos unabsichtlich mitgeknippst wurden, ist es doch etwas anderes, direkt zu posieren für ein Foto…

Nun ging es zurück zu Lorenz und dafür gab es dann den ‹easy way› und Mos erklärte ganz stolz, dass es nun etwas über 170 Treppenstufen sind.
Obwohl ich auf Marco hörte und mir den Kopf sowie auch die Arme und Beine mit dem kalten Wasser der Wasserfälle abwusch, fühlte ich mich noch immer, als würde ich gleich explodieren. Mir war schwindelig und gefühlt hatte ich einen Blutdruck über 200 systolisch.
Ich konnte kaum die Treppen hoch gehn und brauchte eine Pause.

Weiter ging es, denn irgendwie müssen wir ja zurück kommen und obwohl mir angeboten wurde, dass mich ein Roller zurück bringen würde, lehnte ich ab.
Schliesslich habe ich zwei gesunde Beine und so weit, kann es nun auch nicht mehr sein.

Marco konnte meinen hochroten Kopf nicht mehr sehn und machte sich anscheinend Sorgen und kaufte mir an der nächsten Möglichkeit Wasser, welches ich zuerst noch ablehnte, da es sicher viiiiel teurer als ausserhalb der Attraktion sei. (Es war gleich teuer wie überall…)

Just trank ich die halbe Flasche und es ging mir gefühlt besser.
Wahrscheinlich hatte ich viel zu wenig getrunken die letzten Tage und heute ausser den halben Kaffee eh noch nichts, geschweige denn gegessen.
Die hohe Luftfeuchtigkeit, die Anstrengung und die 33 Grad gaben dem ganzen eine Krone.

Komplett durchgeschwitzt erreichten wir nach knapp zwei Stunden Lorenz wieder, verabschiedeten uns von Mos und fuhren direkt zum nächsten Warung um uns eine Cola, Marco ein Eis und ich die bekannten Reispuffer von hier zu kaufen.
Bei bester Aussicht kühlten wir ein wenig ab, verschnauften, zogen unsere Halbschuhe an und gingen später mit einwenig Zucker zurück nach Hause.
Denn über uns braute sich eine richtig grosse Regenfront auf und nach und nach tröpfelte es immer mal wieder.

Die Rückfahrt ging richtig gut und schnell, so kam es uns zumindest vor und erst auf den letzten fünf Kilometer begann es so richtig zu tröpfeln.

Im Hotel machten wir uns frisch und setzten uns danach auf die gedeckte Terrasse, warteten auf den grossen Regenschauer, welcher jedoch ausblieb. Lediglich ein kleiner Minischauer von keinen fünf Minuten geschah und so ging es später trocken zu Fuss zum Abendessen in einem nahe gelegenen Cafe.

Am Abend waschten wir gleich unsere Kleidung aus und suchten den optimalen Platz zum trocknen, erkundigten uns bezüglich den Taxipreisen nach Kuta, schnitten Video, schrieben am Blog und planten noch den morgigen Tag.



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