Der Rückflug und die Stadttour in Port Moresby


‹Das isch wie Ferie vo de Ferie mache xi…›

Boma

Morgens um 4:20 Uhr hatten wir bereits alles fertig gepackt und sind auf dem Sandweg nach vorne zum Hauptshelter um einen Kaffee zu trinken.
Unser Bootfahrer welcher uns aufs Festland bringt steht schon bereit und macht das Boot abfahrbereit.
Nach und nach beluden wir wieder das selbige Boot wie bei unserer Ankunft uns kletterten im Dunkeln ein letztes Mal durchs Meer ins Boot.

Die Fahrt war gigantisch und rückblickend alleine schon der ganze Zirkus hier wert. Denn ja, im Nachgang hätten wir mehr Zeit einplanen müssen um auf die Insel zu kommen und sehen es nun als Kurzurlaub an. (Der eben gerne einwenig länger andauern hätte dürfen.)

Wir sitzen also nachts um zwanzig vor fünf Uhr im Boot und fahren zurück zur Ablegestelle in Kavieng. Oberhalb von uns sehen wir so einen klaren Sternenhimmel wie noch nie zu vor! Keine Lichtverschmutzung und keine Wolken sind sichtbar.
Einzig die Milchstrasse die sich über den halben Horizont zog und die vielen, unzählbaren Sternen sind ober uns.
In diesen 25 Minuten sehen wir 5 Sternschnuppen und wünschen uns nicht nur persönlich etwas, sondern auch für alle anderen Menschen auf diesem Planeten: Gesundheit und Zufriedenheit!

Immer mal wieder hadern wir kurzzeitig, ob dies alles hier das Geld, die Lücke im Lebenslauf, andere Träume die nun nach hinten rückten und die Trennung von unseren Liebsten Wert sei.
Und immer, immer, immer wieder kommen wir zum Schluss: JA! Das sind die Momente, die uns NIE mehr genommen werden können. Sie bleiben in unseren Köpfen, unseren Herzen und sie verändern uns.
Gerade Papua Neuguinea zeigte uns nochmals mehr zu schätzen, was du besitzt und das Besitz nicht Reichtum bedeutet.
Dazu aber später noch mehr.

Als wir am Anleger ankamen, warteten wir ein paar Minuten auf unseren Transfer zum Flughafen, welcher keine zehn Minuten dauerte.
Am Flughafen mussten wir auch wieder vor der Tür warten, denn dieser öffnete erst etwa zwanzig Minuten nach unserer Ankunft.
Das Gepäck abgegeben und schon sassen wir in der Halle um auf unseren Flug zu warten.

Dieser kam dann auch gegen 6.30 Uhr an und wir konnten pünktlich boarden.

Marco und ich sassen in einer Zweierreihe und genossen den Ausblick. Die Inseln unter uns von oben umzingelt vom gigantischen Meer zeigten sich dank bestem Wetter hervorragend.
In Rabaul landeten wir wieder zwischen und hoben dreissig Minuten später wieder ab.

Marco hatte vor allem bei der letzten Landung extreme Kopfschmerzen die sich dann dank Nasenspray und befreien der Nebenhöhlen schlagartig besserten.

In der Ankunftshalle warteten wir auf unser Gepäck und wurden dann herzlich von Andrew in Empfang genommen.
Wir freuten uns ehrlich und er sich glauben wir auch.

Im Bus zum Hotel besprachen wir nun die Stadttour und vereinbarten, dass wir nur das Gepäck abgeben und danach gleich los fahren werden.
Gesagt, getan und so ging es dann auch erst zum Office um die Tour zu bezahlen und Andrews Boss (ein Japaner aus Osaka, was für ein Zufall) kennen zu lernen.
Andrew ‹klaute› uns noch zwei Wasserflaschen und überreichte sie uns stolz mit einem sehr breiten Grinsen, als wir im Bus sassen. Als wir ihn fragten ob er nun Probleme bekommt, meinte er nur: ‹Nein, nein, mein Boss ist ein guter Mensch.›

Als erstes fuhren wir zum Nationalpark, welcher ausserhalb der Stadt liegt.
Auf dem zwanzig minütigen Weg dahin fuhren wir durch verschiedene Viertel und Andrew erzählte uns viel darüber. Der grosse Unterschied: er erzählte es uns, als wären wir seine Freunde aus ‹den Mountains› die noch nie hier in der Stadt waren.
Dies führte dazu, dass wir die Informationen aufsogen wie Schwämme, ungehalten und ohne Hand vor dem Mund Fragen stellten und so viel von den Problemen aber auch dem Tollen und Guten erfuhren.

Marco fragte Andrew zum Beispiel, was sein Land am meisten helfen könnte und gut tun würde. Keine Sekunde später antwortete Andrew ganz ruhig mit einem Wort: Jobs.
Als zweites meinte er, wären Farmer, also Bauern und der Erfolg daraus. Andrew sieht nie nur das eine, sondern das Ganze und so erzählte er weiter, dass die Landwirtschaft nicht nur den Ertrag mit sich bringen würde, sondern eben auch Jobs und vor allem sinnvolle Beschäftigung.

Das grösste Problem hier sei die Arbeitslosigkeit. Über drei viertel der 9 Millionen Bevölkerung des Landes ist arbeitslos. Er zeigte nach draussen und meinte, dass die Leute die hier alle sitzen und liegen, keinen Job und keine andere sinnvolle Beschäftigung haben.
So ergebe sich auch ein weiteres grosses Problem: Marihuanna.
Alkohol und weitere Drogen sind zu teuer für das Fussvolk und Marihuanna kann hier jeder selber anpflanzen, da die Wetterbedingungen perfekt sind. So ist die Beschaffung das kleinste Problem.

Im Park angekommen kaufen wir uns je ein Ticket für 5 Kinas (=etwas über 1 sFr.) und Andrew führt uns zuerst durch den Orchideengarten. Er erzählte, dass in Papua Neuguinea so viele verschiedene Arten von Ochideen wachsen, wie nirgendswo sonst auf der Welt.
Weiter folgen wir Andrew der uns nun zu den Vögeln bringt.
Er erzählt richtig stolz vom paradise-bird der nur hier heimisch ist und speziell tanzt und singt.
Tatsächlich durften wir dies auch zwei, drei Mal beobachten.

Im grossen Garten tauchte dann noch ein Pelikan auf. Und wow, wir haben nicht schlecht gestaunt, als wir die Grösse und auch den Schnabel gesehen haben.
Im Käfig nebenan waren mehrere Papageien zu Hause die sprechen konnten. So dauerte es zwar ein Moment, aber irgendwann hatte Andrew Coco zum sprechen gebracht und Coco schrie ‹hello Coco›.
Hier im Park sind übrigens alles gerettete Tiere, die ein letztes zu Hause gefunden haben.
Natürlich sahen wir noch viel mehr verschiedene Vögel von hier und waren wirklich erstaunt.

Über den Ochideengarten ging es zurück und wir gingen in den ‹wildlife garden› in welchem die grösseren Wildtiere zu Hause sind.
Dor sichteten wir als erstes eine Art Känguru, welches aber eine Mischung zwischen Affe und ersterem ist.
Danach sahen wir noch zwei Tiere die einem Strauss ähnelten und Andrew erzählte auch ziemlich ähnliche Züge dessen im Vergleich zu einem Strauss.
Zum Abschluss gab es noch Krokodile und wir waren wirklich froh, als wir aus den 33 Grad wieder in den noch kühlen Van steigen durften.
Laut Andrew sei der Park am Wochenende voll und die Einheimischen gehen hier oft ein und aus. Am Tag unseres Besuchs war kaum etwas los und wir fühlten uns ungestört.

Nun ging es weiter wieder in Richtung Stadtzentrum. Wir fahren durch eine Siedlerortschaft wo wirklich noch wie früher Siedler ihre Waren versuchen zu kaufen.
Käufer sehen wir allerdings keine.
Wir kommen etwas später beim Nationalmuseum an und erhalten eine der schönsten Führungen von Andrew persönlich.
Er erzählt was für Masken zum Beispiel seine Familie trägt, zeigt uns seinen Kopfschmuck zu Hause in den Highlands (er ist nur zum Geld verdienen hier in der Stadt), zeigt uns sein Verteidigungsschild bei Angriffen und erklärt uns die Unterschiede der anderen und weshalb was so aussieht oder geschnitzt wurde wie es ist.
Auch erklärte er uns, wie es zu den ‹Marderpfählen› kam, dass diese eine Art ‹Türe› für den Besucher sei um zu wissen, dass hier ein privater Bereich ist. Die Schnitzerei im Stamm lässt den Leser wissen, was hier im Dorf oder Volk für Regeln gelten und was hier zu erwarten ist.
Die Färbungen sind übrigens mit Blätter und gestampften Beeren gemacht worden und früher als es noch keine Messer gab, wurde noch alles am Stein geschliffen und eingerizt.

Völker haben via dem ausgehölten Baumstamm kommuniziert und so das Nachbarsdorf oder Volk vor Angriffen gewarnt oder um Hilfe gebeten.
In Andrews Dorf wird so noch immer kommuniziert. Dort gibt es weder Handyempfang noch sonstige elektronischen Gerätschaften.
Die Statuen werden geschnitzt nachdem ein Familienangehöriger verstorben ist und sollen einen Geist, der wacht über den Verstorbenen darstellen. Die Entstehenung dessen dauert meist 5-6 Monate und sei sehr zeitintensiv.

Beim Schmuck wurde Andrew auf ein anderes Thema aufmerksam. Er erzählte wie Heirat und Thema Familie hier funktioniert.
Er hat für seine Frau teuer bezahlt und sollte sich die Frau trennen wollen, muss die Familie der Frau ihm die Hälfte oder gar das ganze Geld zurück bezahlten. (Ist abhängig des Trennungsgrunds)
Hier ist es noch immer üblich mehrere Frauen und somit Familien zu haben. Andrew sei allerdings der erste seines Stammes, der nur eine Frau hätte und auch erst spät Familie gründete. Bis nach 30 war er noch zu Hause und sorgte für seine Mutter, Vater und Geschwister. Dies war früher zu seiner Zeit noch gar nicht so unüblich und nun erst am wechseln zu sehr früher Heirat.
Andrew ist 62 Jahre alt und hat 6 Kinder, drei Mädchen und drei Knaben. Der älteste sei 32 Jahre alt und der jüngste 9 Jahre alt.
Leider reiche das Geld nicht für die Schule der letzten zwei und rückblickend hätte er lieber nur vier Kinder gezeugt, erzählte er traurig.
Die Schulpflich existiert hier nicht und wird laut Andrew auch noch sehr lange nicht kommen, für dies gibt es zu wenige Lehrkräfte und zu wenig Interesse daran. Zudem sei Schule, Studium und Co noch keine staatlich anerkannte Sache, weshalb sie privat sehr, sehr teuer bezahlt werden muss.

Das Museum basiert auf Spendengelder und als wir unsere Donation geben wollten, meinte der Mitarbeiter, wir sollen es lieber behalten und damit unsere Zukunft sichern…

Nach den ganzen visuellen aber vor allem auch Erzählungen von Andrew sind wir gleichermassen fasziniert wie auch traurig. Natürlich wünschten wir uns, dass auch hier das System erkennen würde, dass vieles anders laufen könnte und es massgeblich Einfluss auf das Miteinander und die Lebensqualität haben könnte. Aber für ein solch grosses Urteil sind wohl ein paar Tage Aufenthalt und die zwar sehr intensiven Gespräche nicht ausreichend.

Wir fahren rüber zum Parlamentshaus und Andrew bettelt den Wärter an, uns einschleussen zu können. Schlussendlich erhielten wir die Erlaubnis für den Vorplatz des Gebäudes.
Schnell schossen wir zwei Fotos und lasen den tollen Spruch! Ansätze wären also da…

Dieser Stop war der letzte bevor wir über den Berg, wie sie es hier nennen, in die richtige Stadt fahren.
Dort halten wir am Fischmarkt, der gerade noch nicht geöffnet hat. Denn erst nach 16 Uhr bauen sie hier ihre Stände auf um den frischen Fang vom Tagesfischen anbieten zu können.
Danach fuhren wir weiter zum Elabeach, machen auch da kurz einen Stop und fahren durch Downtown.

Die Stimmung ist sehr locker im Auto. Wir sprechen über unser zu Hause und Andrew kann fast nicht mehr aufhören zu lachen, als wir ihm erzählten, dass wir auf der anderen Seite fahren oder wir zur Schule und ins Militär müssen. Wir erzählen ihm von unserer ehemaligen Wohnung, wie viel wir bezahlten und rechneten ihm dies in Kinas aus.
Er lachte und meinte, dies seien ja ähnliche Preise wie hier.
So erfuhren wir, dass man hier 2 wöchentlich Miete bezahlt und sich viele ein Zimmer, geschweige denn eine Wohnung nicht leisten können und daher einfach am Strassenrand schlafen.
Er bezahle für sein Zimmer ohne Küche oder Bad 300 Kinas (= 75 sFr). Eine Wohnung (in welchem Ausmass wissen wir leider nicht genau) kostet jedoch gut 1200 Kinas und mehr (=300 sFr.).
Dabei lachte er und schlug die Hände zusammen und ergänzte, dass sich das niemand leisten könne.

In Downtown angekommen zeigte er uns den typischen ‹Bonzenhügel› und spasste mit Marco, dass es diesen überall auf der Welt gibt.
Dann zeigte Andrew uns das höchste Gebäude der Stadt und meinte, dass es von einem Chinesen gebaut wurde. Somit würde es nicht lange dauern bis es einstürzen würde.
Wir alle lachten richtig aufrichtig und wir merkten, wie wir alle das selbe dachten.

Auch fuhren wir an einem Casino vorbei, dies wurde nie fertig gebaut und wir sind uns alle einig, dass es wohl auch besser ist.
Am Schluss zeigte Andrew uns noch ein grosses Haus, welches von einem Deutschen gebaut wurde. Hier hat es den Übername von ‹Germanhaus›. Auch hier hat Andrew eine nette Geschichte dazu und erzählte, dass als das Haus fertig gebaut war, der Deutsche hier her zog, merkte, dass hier nichts so ist, wie es auf den ersten Blick scheint und verkaufte es innerhalb des ersten Jahres nach Fertigstellung und wanderte zurück nach Deutschland aus.

Irgendwann fragten wir Andrew, ob wir nicht langsam zurück müssen, denn die drei Stunden seien schon längst vorbei, wie abgemacht und bezahlt. So brachte er uns langsam zurück und wir vereinbarten eine Zeit für den Transfer morgen zum Flughafen.

Die Erlebnisse mussten verabreitet werden, zu viel haben sie zum nachdenken angeregt und wir sind wütend auf das System. So hat Andrew noch nie in seinen 62 Jahren Pizza gegessen.
Er weiss nur, dass dies die teure Speise sei, die ‹Weisse› gerne essen.
Sein Lieblingsessen sei Fisch und Fleisch mit Süsskartoffel in jeglicher Art.
Kochen kann er nur über offenem Feuer und einen Herd hat er noch nie benutzt.
Wie gut geht es uns also und wie dankbar dürfen wir sein, in einem Land aufgewachsen zu sein, in welchem solche Dinge zur Normalität gehören?

Da es Marco nach dem Ausflug zunehmend schlechter ging, sein Fieber stieg und der Husten immer mehr wurde, machten wir einen Corona-Schnelltest und waren sehr froh, als dieser negativ anzeigte.

zum Glück negativ

Ein Grund mehr, heute Abend sehr, sehr dankbar ins Bett zu gehen und die Pizza die wir uns am Abend teilten, gleich doppelt zu geniessen.


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert