Es ist nicht der Berg, den wir bezwingen – wir bezwingen uns selbst.

Edmund Hillary

Ich war seit halb sechs wach und wartete und wartete auf Marco. Endlich konnte ich das lang behütete Geheimnis lüften und ihm das Video zeigen.
Es hat mich mehr als einmal in Erklärungsnot gebracht.

Um 7 Uhr machte Marco dann auch die Augen auf und wurde natürlich herzlich beglückwünscht.
Keine paar Minuten später hielt ich ihm mein Handy unter die Nase und zeigte ihm das Video.
Er schien sichtlich Freude zu haben und bedankte sich herzlich.

Heute liesen wir es gemütlicher angehen, hatten wir die grössten Strecken schon hinter uns und auch heute nicht so grosse Anstiege vor uns.

Als wir unser Zelt öffneten, öffnete das Zelt vor uns zeitgleich seine ‹Tür› und fragte, wer von uns denn Geburtstag hätte.
So erhielt Marco von zwei wild fremden Menschen noch Glückwünsche.

Mit ihnen frühstückten wir im Gemeinschaftsraum. Zur Feier des Tages: Haferflocken mit M&M’s.

Gegen halb neun Uhr packten wir unsere Dinge fertig und liefen los.

Die Strecke war eindeutig am schönsten zu wandern. Der Wind war kaum existent und die Sonne zeigte sich immer wieder.
Hoch und runter, aber immer im gemässigten An- und Abstieg ging der Weg entlang der Lagune.

Lustigerweise hatte Marco heute seinen schwierigsten Tag.
Ihm schmerzten die Schultern extrem vom Rucksack. Während mein Rucksack täglich um mindestens 500 Gramm leichter wurde (Nudeln und Esswaren), blieb seiner stetig gleich schwer mit dem Zelt.

Immer wieder machen wir Zwangspausen um seine Füsse, Schienbeine und Schultern zu entlasten. Seine Blasen nässten und waren echt nicht schön anzuschauen.
Aber die Pausen gaben auch Zeit um schöne Fotos zu machen.
Marco entdeckte am Himmel drei Andencondor, welche mittlerweile sehr selten zu sehen sind.

Wir verbrannten uns beide das Gesicht und konnten uns nun zu all den anderen Verbrannten gesellen. Wie zwei Rudolfe sahen unsere Nasen aus…

Übrigens waren wir nach den ersten zwei Tagen mehr alleine als in Menschenmassen, was das wandern eindeutig einfacher und angenehmer machte.

Gegen 14 Uhr erreichten wir das letzte Camp am Central und checkten ein, stellten das letzte Mal unser Minizelt auf und erhielten zu unseren Geburtstagen je ein Coupon für ein Bier.

Da wir nicht so verschwitzt in die Bar wollten, die Duschen jedoch erst um 15 Uhr Warmwasser generierten, tranken wir unser mitgebrachtes Bier auf dem Platz, bestaunten die 3 Türme von unten und waren mächtig stolz auf uns! Wir hatten es geschafft und das W bezwungen!

Nach der Dusche liefen wir zur Bar rüber. Jeder hier ging entweder wie ein Pinguin, lief nur in Flipflops oder lag nur rum. Jeder hier, hatte Schäden der letzten Tage.

In der Bar sichteten wir einige bekannte Gesichter, die wir in den letzten Camps oder auf der Strecke traffen.

Nach dem Pisco und dem heimischen Bier gings dann den Wetterbericht studieren, welcher keine gute Vorhersage für die Nacht und den nächsten Morgen gab.

Wir überlegten hin und her, ob wir morgen früh die 1200 Höhenmeter noch zu den Türmen hoch wollten oder ob wir es sein liesen.
Das Wetter sagte nein, unsere Körper sagten nein und zeitlich war es auch schwierig. Wir hätten um spätestens 3 Uhr in der Nacht aufstehen müssen um pünktlich auf unseren Bus um 14:30 Uhr zu kommen.
Der Kopf schrie aber immer wieder, mach es, du bist nur einmal hier!

Im Verlauf des Abends entschieden wir uns aber dagegen und waren zufrieden mit der Aussicht von hier unten aus dem Camp und entschieden uns dafür, den Rest zum Parkeingang zurück zu wandern und die 6000 Pesos zu sparen. Wir sollten für unsere Entscheidung noch lächeln… aber dazu morgen mehr.

Ein letztes Mal im Zelt einmuckeln und Marco vorsummen, dass er nun steil gegen die 30 geht.