#2 Das Disaster


Kurzum: wir haben a) keinen Camper und b) viel Geld für ein Auto und Ausrüstung ausgegeben c) unsere alle Kreditkarten sind gesperrt.
Aber mal von vorne…

«Am Ende wird alles gut. Und wenn es nicht gut wird, ist es noch nicht das Ende.»

Oscar Wilde

Da wir ja schon vor der Abreise keinen Camper fanden suchten wir vor Ort. Wir fragten am Flughafen nach und bei Rebekah, unserer ersten Hosterin des Airbnbs. Sie gab uns den Tipp via Facebook Marketplace zu schauen und suchte uns sogar schon einige Möglichkeiten raus.
Als wir den einen Camper gefunden hatten, diesen auch noch auf einer renommierten Vermietungsseite auch gefunden hatten, schrieben wir den Owner des Campers an. Justin gab so gleich Antwort und hatte nichts dagegen, den Camper uns am Tag darauf zu vermieten. Er kam uns sogar noch breitwillig mit dem Preis um 25 Dollar die Nacht entgegen.
Er schickte uns den Vertrag via Mail und Nicole bezahlte die Kaution mit der Kreditkarte. Er schrieb dazu, dass der Vertrag sehr ausführlich sei, da er ein Anwalt sei und was Verträge betrifft, ein ‹genaues Arschloch› sei.
Am Vertrag war nichts besonderes, nur dass er eben acht Seiten umfasste und jeder Punkt sehr ausführlich beschrieben war.

Wir verabredeten uns für den nächsten Tag um 14 Uhr bei ihm zu Hause und richteten unseren Tag danach.
Am 19.08.22 standen wir dann überpünktlich bei ihm vor der Haustüre. Der Camper vor unserer Nase, was uns mächtig imponierte. Denn das riesen Schiff umfasste circa 9 eher schon fast 10 Meter.
Justin öffnete die Türe nach zwei Mal klingeln und meinte dann, dass er leider auf morgen verschieben müsse, da die Benzinpumpe defekt wäre. Es würden heute Abend Handwerker kommen und dieses Problem beheben. Wir können sonst bis dahin sein Auto benutzen (ein normaler Pickup).
Wir lehnten ab und vereinbarten eine erneute Übergabe am 20.08.22 um 14 Uhr an gleicher Stelle.

Am Nachmittag begaben wir uns dann also nochmals auf die Suche nach einer Übernachtunsstelle. Booking’s erster Vorschlag und eine Busfahrt später waren wir dann bei Anne, der Hotelbesitzern. Sie erzählte uns, dass eine Nacht regulär in der Hochsaison ab 300-500 Dollar kostet und meist alles ausgebucht sei. Auch sie spüre den Personalmangel, so führe sie aktuell ihre 35 Zimmer mit einer weiteren Hilfe.
Sie äusserte ganz typische Merkmale der Schweiz (Bank, Geld und Arbeit).
Die Nacht dort war entspannt, es gab sogar ein elektrisches Heizöfeli, was Nicole liebte, bis unser Zimmer einer Sauna ähnelte.
Am Abend schrieben wir mit Justin weiter, fragten nach, wann der Camper zuletzt vermietet wurde, wie und wo durch die Mieter gefahren sind und ob wir nochmal was mit dem Preis machen könnten, da wir nun viele Umtriebe hatten.

Am Tag darauf, Gepäck ein weiteres Mal komplett gepackt, stiegen wir in den Bus und fuhren zu Justin. Als wir in der Strasse standen, sahen wir auch gleich die Handwerker am Camper werken. Wir fragten sie, ob alles gut sei und der eine Herr gab kurz und bündig Antwort, dass nun alles repariert sei und was er alles getan hätte. Man verstand ihn schlecht, was aber sicherlich verständlich war, dass es nicht nur die Benzinpumpe war sondern noch einiges mehr.
Justin öffnete uns die Türe und wir standen im typischen Haus des Alaskaner, welches wohl alleine und mal von weiten oben, weit runter stürzte in der Gesellschaft. Seine drei Hunde, das Gewehr neben der Haustüre, die herumliegenden Nachos, die offenen Dosen und ein abgewälztes Sofa gaben dem Ganzen seine Einheit.
Wir bezahlten den Camper via Kreditkarte, nahmen diesen ab und fuhren los zum Walmart. Endlich hatten wir unser lang ersehnte Camper.

Bei genauerem Hinschauen merkten wir schnell, dass wir für unser Wohlbefinden eine gründliche Reinigung vornehmen müssen. Also besorgten wir Desinfektionstücher, Allzweck- und Glasreiniger sowie jegliche Ausstattungsdinge für einen gründlichen Grossputz.
Gegen 17 Uhr sassen wir im Camper Richtung Fairbank. Oh mein Gott, wir hatten es geschafft. Oder eben auch nicht…

Keine zwanzig Meilen fragte mich Marco, wie lange es dauert, bis die nächste Ausfahrt kommt. Ich bemerkte wohl auch, dass der Camper immer langsamer wurde, keine Steigung mehr schaffte und auch sonst laut war und ruckelte. Wir verliessen den Highway und versuchten zu drehen. Und dann begann die grosse Zitterpartie. Ausserhalb des Highway gibt es nur eine Strasse zurück nach Anchorage und genau diese war heute gesperrt. Also zurück auf den Highway wobei wir schon bei der Hinfahrt die Polizei sichteten. So ruckelten wir mit maximalen 30MPH (= circa 45km/h) zurück nach Anchorage auf der Autobahn. Wir waren eine klare Verkehrsbehinderung, was haben wir uns geschämt aber viel mehr gefiebert, dass wir einfach zurück kommen und der Camper nicht einfach stehen bleibt mitten auf dem Highway. Der Camper machte durchgehend klar, dass es seine letzten Meter sind. Mit letzter Müh und Not konnten wir den Camper auf ein Parkplatz eines Diner’s welches noch mehr ausserhalb Anchorages lag wie innerhalb. Dort angekommen fragten wir bei einer jungen Serviceangestellten, ob wir ihr Telefon nutzen könnten um Justin zu kontaktieren. (Dieser versicherte uns noch bei der Übergabe, dass wir jederzeit anrufen können, falls etwas wäre oder wir ihm schreiben sollen.)
Justins Handy war aus und die Combox von uns vollgequatscht. Bei Facebook schrieben wir ihm und warteten insgesamt eine Stunde, tranken mal eine Cola und wurden von der Dame bemitleidet. Immer wieder kam sie und fragte nach, ob sie uns helfen könne. Als ihr Handy dann keinen Akku mehr hatte, der Hotspot dementsprechend auch aus war und Marco nochmals den Camper versuchte zu starten, wagten wir uns weiter Richtung Justins Haus zu machen. Mehr als vor seinem Haus auf ihn zu warten konnten wir auch nicht tun. Denn im Vertrag stand ganz klar, dass wir den Camper nicht alleine stehen lassen dürfen.
Schon die erste Rotampel (und Gott hat es in Anchorage viele davon) fand der Camper alles andere als lustig, jeder Hügel lies uns die Luft anhalten und einfach nur beten. Welche, die unsere Oman-Gebirgs-Story kennen, etwa so war es, nur vielleicht noch etwas schlimmer.

Wir waren einfach nur erleichtert, als wir gegen 19:30 Uhr bei Justin vor dem Haus standen. Wir klingelten, Justin öffnete die Türe und sah sehr verschlafen aus. Wir erzählten ihm, dass der Camper defekt sei und wir so nicht mit ihm fahren können. Ohne Probleme nahm er den Camper zurück und veranlasste einen Rücktransfer des Geldes von der Kaution und der Miete.

So standen wir dann vor Justins Haus, wortwörtlich im Regen, luden unser gesamtes Gepäck vom Camper in das bestellte Taxi und liessen uns zum Flughafen fahren.
Der Taxifahrer fragte uns ungläubig, was wir mit Kisten Bier, vielen vollen Walmartsäcken und unserem gesamten restlichen Gepäck beim Flughafen wollen. Wir erklärten, möglichst ohne unseren Frust zu offenbaren, dass die Situation nun so ist, wie sie ist. Die ganze Umladerei kostete uns ganze 20 Minuten und in Anbetracht dessen, dass die Wartezeiten von Taxis bekanntlich am teuersten sind, dachte ich schon mal an das entstehende riesen Loch im Portemonnaie.
An der Autovermietung des Flughafens angekommen winkte der Taxifahrer ab und meinte nur trocken, dass wir sonst schon einen ‹bad day› gehabt hätten und wir das Geld stecken lassen sollten.
Wir luden unser Gepäck in ein Bushäuschen und suchten im Internet nach Mietautos. Die Preise ein Wucher und gar nicht dem, wie wir sie einmal davor gesichtet hatten. Als wir dann auch sämtliche Autovermietungsstellen vor Ort durchgefragt hatten, entschieden wir uns für einen SUV.
Via Kreditkarte bezahlt, machten wir uns auf in die Garage und standen vor dem nächsten Fragezeichen. Warum hat unser Auto keine Nummer? – Wir sahen bereits viele, die nur vorne oder nur hinten eine Nummer hatten, aber gar keine, geht das? Also wieder zurück, nachfragen und der netten Dame (die uns übrigens erkannte vom Donnerstag und unserer Frage nach einem Camper) auch nochmals die Story erzählen. Sie war erneut so bemüht und ehrlich herzlich.
Sie beruhigte uns (Nummer hing an der Windschutzscheibe) und lies uns unsere gefühlt hundert Taschen einladen. Sie bot sogar an zu helfen.

So fuhren wir um 22 Uhr erneut zum Walmart und holten eine Luftmatratze und Schlafsäcke. Wir wollten unbedingt raus aus Anchorage. Die schlechten Gefühle hingen in der Luft und der Frust war riesig.

In Palmer angekommen stellten wir unser Auto in der Nähe eines Skateparks ab und pumpten die Luftmatratze auf. Wir schliefen noch sofort ein.

Am nächsten Morgen dann folgten die SMS’en. Erst bei Marco, dass die Kreditkartenfirma Fragen zu den Transaktionen hätte und dann bei Nicole, dass sie beide Karten sperren bis sie sich meldet.

Manno-Meter, es hätte echt nicht sein sollen…

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